Aletsch Halbmarathon – Laufen im Hochgebirge – Wenn das Ziel zum Ziel wird
25. Juni 2022
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Vorweg sei erwähnt, dass dies ein Laufbericht wird, der nicht von “Erfolgen” erzählt.
Am 19.06.2022 stand für zwei Athleten vom LCH der Aletsch-Halbmarathon in der Schweiz auf dem Programm.
Die Eckdaten sind kurz erklärt: Halbmarathon mit 1055 Höhenmeter, mit Start auf knapp 2000 ü. NN. Ein Lauf im Hochgebirge, was sich später noch als der Hauptgegner herausstellen sollte. Zweiter Gegner war an diesem Tag die Hitzewelle, welche auch vor den Schweizer Bergen nicht Halt gemacht hat.

Landschaftlich ist der Lauf ein absoluter Traum. So hat man auf dem ersten Drittel der Strecke zumeist das Matterhorn im Blick, zwischen den beiden Gebirgsketten von Dom und Weißhorn ragt es spitz in den Himmel.
Im schönen Bergdorf Bettmeralp startend geht der Lauf auf besagtem ersten Drittel durch ein kurzes Stück im Ort bis km 3 durch einen Wald, bis dann ab km 3 die Sonne ihre wahre Kraft bis zum Ziel voll entfalten kann :-). Einen weiteren, nenneswerten Schatten sucht man bis ins Ziel vergeblich.
Vorbei am toll gelegenen Bettmersee zieht sich die Strecke auf einer Hochebene leicht wellig bis zur Riederfurga, wo dann ab km 14 die heftigen Anstiege bis zur Mosfluhbergstation und schließlich weiter bis zum Ziel am Bettmerhorn zu bewältigen sind.

Leider war an diesem Tag der Lauf in dieser imposanten Natur nur rückblickend ein Erlebnis. Liefen die vorherigen Wettkämpfe allesamt erfolgreich (Halbmarathon Heidelberg, Donnersbergtrail, TrailTrilogy) und besser als erwartet, wollte der Körper unter diesen äußeren Bedingungen offenbar nicht. Mangekrämpfe von Beginn an, Muskelkrämpfe ab Rennmitte, sogar ein Sturz bei meinem LCH-Kollegen machten diesen Lauf zu einem wahren Kampf mit den Bedingungen und vor allem mit sich selbst. Nicht nur einmal kam der Gedanke ans Aufhören und das Erreichen des Ziel habe ich mehrmals bewusst in Frage gestellt. Vor dem finalen Anstieg war klar, dass dieser Lauf nur im Kopf zu Ende gebracht werden kann. Dass sich der Körper nochmal erholt war ausgeschlossen. Da halfen auch die zahlreichen Verpflegungsstellen unterwegs und die vielen Wassereimer zur Abkühlung nicht weiter.
Irgendwann stellte ich mir dann auch die Frage, wo ich hier oben, auf 2500 Höhe überhaupt hin will, außer zur rettenden Talfahrt mit der Gondel nach dem Zieldurchlauf. Demnach war klar, dass ich irgendwie ins Ziel musste, wo es dann ja auch noch dieses tolle Finisher-Shirt als Belohnung gibt :-).
Von den Strapazen meines Laufkollegen erfuhr ich dann auch erst im Ziel. Wir haben an diesem Tag beide richtig gelitten und richtig gekämpft. Beide sind wir trotz den Umständen stolze Finisher!
Objektiv betrachtet mag das Ergebnis von Platz 150 von über 1600 Startern noch “vernünftig” klingen, ist bei dem vielen Training aber natürlich nicht der Anspruch.

Aletsch, es steht 1:0 für dich. Wir sehen uns aber wieder ;-).

Was ist nun das Fazit. Hier kann ich an die Worte eines erfahrenen Ultraläufers denken. “Wenn man in bestimmen Bedingungen bestehen will, dann muss man auch in diesen Bedingungen trainieren”.
Klar ist, dass die Hitze nur das i-Tüpfelchen war. Mit der Hitze alleine kann man umgehen. Die haben wir in der Pfalz bei so manchen Trainingsläufen öfter.
In diesem Ausmaß nicht zu erwarten war die heftige Reaktion des Körpers auf die Höhenluft. Hier gilt es sich in Zukunft wesentlich länger und besser zu akklimatisieren und bewusst Trainingsblöcke in den Alpen einzubauen. Letztes Jahr beim Drei-Zinnen-Alpinrun, der sicher nicht einfacher zu laufen ist, war der Aufenthalt im Hochgebirge zuvor wesentlich länger. Da hatte sich der Körper schon leicht umgestellt und das Rennen war völlig in Ordnung.

Also lieber Sportler. Es gibt diese Tage an denen es einfach nicht läuft, an denen der Körper schlicht streikt. Dann heißt es, dies zu analysieren, die richtigen Schlüsse zu ziehen und weiter zu machen. Denn ohne Sport, in meinem Fall Laufen, geht es halt auch nicht.
Die neuen Ziele sind gesetzt, die Motivation ist eine Woche nach dem Lauf wieder auf einem Hoch. Der Körper darf noch etwas regenerieren. Bald heißt es wieder Attacke!

 

– geschrieben von Matthias Drabold

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